Kontiki-Kunde Nicolas Giovanettoni nimmt an der Ultradistanz-Radveranstaltung NorthCape4000 teil: Der Ostschweizer steckt mitten in den Vorbereitungen für das autarke Abenteuer über 4000 Radkilometer ohne Support auf der Strecke. Kontiki unterstützt den Norden-Fan bei seinem Vorhaben ideell – und in Wort und Bild hier im Blog.
13. Mai 2025: Kilometer 0 von 4000
Franziska Hidber
Redaktorin Nordland-MagazinFranziska Hidber, Redaktorin Nordland-Magazin, hat Nicolas Giovanettoni vor dem Start seiner grossen Radreise getroffen und wird seine spannende Herausforderung im Blog begleiten.
Noch zweieinhalb Monate, dann tritt Nicolas Giovanettoni aus Wil SG in Rovereto am Gardasee in die Pedale. Es ist Kilometer 0 von insgesamt 4000 – spätestens am 14. August 2025 will er auf der Nordkap-Halbinsel Magerøya vom Sattel steigen: Nach einer Fahrt durch sechs Länder, der Überquerung der Alpen, dem Pedalen durch deutsche Grossstädte wie München und Berlin, einer Fährüberfahrt von Polen nach Ystad im Süden Schweden, der Route dem Vätternsee entlang, durch Finnisch-Lappland und schliesslich durch die karge Landschaft mit den steilen Klippen am Nordkap.
«Ich schenke mir dieses Abenteuer zum 40. Geburtstag», sagt der Norden-Fan und begeisterte Radsportler. Seit Monaten bereitet er das Projekt akribisch vor. Zu tun gibt es einiges: Denn das NorthCape4000 ist eine autonome Sache. «Wir machen alles selber – von der Planung der Tagesstrecken bis zur Unterkunft, Verpflegung und Gepäck. Das ist fast ein Nebenjob», bemerkt der Ostschweizer mit einem Lachen.
Nicht bis zur Pensionierung warten
Dass er eines der 400 begehrten Tickets für die spektakuläre Veranstaltung ergattern konnte, sei Glück und Zufall gewesen. «Das Zeitfenster für Registrierung ist kurz. Als ich zunächst gar nicht auf die Seite kam, dachte ich: Okay, aus der Traum.»
Kurz darauf klappte es doch noch. Nicolas Giovanettoni, der bei der Stadtpolizei Zürich arbeitet und in seiner Freizeit als passionierter Fotograf gerne durch den hohen Norden streift, wollte «nicht bis nach der Pensionierung warten», bis er sich diesen Lebenstraum erfüllt. «Man weiss nie, wie lange die Gesundheit eine solche Extremleistung zulässt.» Täglich wird er ungefähr 250 Kilometer zurücklegen. Dass er fit genug dafür ist, hat ihm sein Arzt nach einem gründlichen Check bestätigt.
Nun sind seine Stunden gut gefüllt: Er sitzt über der Routenplanung, bucht Unterkünfte, macht sich schlau über Vor- und Nachteile der verschiedenen Ausrüstungen, hat sein Bike auf seinen Körper anpassen lassen und trainiert so oft wie möglich – das an seinen Wohnort Wil angrenzende Toggenburg oder das Tannzapfenland bieten ihm dafür ideale Bedingungen. Wenn andere am Feierabend netflixen, pedalt Nicolas «noch kurz auf die Hulftegg» oder über die Hügel des Hinterthurgaus.
Vorfreude auf die Landschaften
Der sportliche Aspekt ist das eine. Nicolas Motivation liegt aber anderswo: «Ich freue mich am meisten auf die wechselnden Landschaften, darauf, die Regionen hautnah zu erleben und den hohen Norden mal nicht im Flugzeug, sondern mit eigener Muskelkraft zu erreichen.» NorthCape4000 sei kein Wettrennen im eigentlichen Sinne, betonen denn auch die Veranstalter. «Es ist ein autarkes Abenteuer.»
Durchgeführt wird das aussergewöhnliche Radevent nun zum achten Mal. Rund 400 Fahrer aus ganz Europa nehmen teil. Das Aufteilen der Route, Ruhepausen und Übernachtungen ist Sache der Teilnehmer. Einzige Bedinung: Sie müssen sich innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters an den vier Checkpoints in München, Berlin, Gränna (Schweden) und Rovaniemi (Finnisch-Lappland) melden. Diese Orte sind auch Startpunkte für alle, die nur eine Teilstrecke bestreiten möchten. Fix vorgegeben ist zudem die Überfahrt mit der Fähre von Polen nach Schweden.
Letzte Möglichkeit, als «Extratime-Finisher» das Nordkap zu erreichen, ist am 21. August. Für Nicolas keine Option: «Bis spätestens am 14. August möchte ich es geschafft haben», sagt er und steigt auf sein Rad – die nächste Trainingseinheit steht an.
19. Juli – Noch eine Woche bis zum Start
Jetzt geht es ans Packen. Nicolas hat in den letzten Wochen seine Packliste ständig angepasst, Dinge gestrichen, andere hinzugefügt. «Doch jetzt ist sie fix», sagt er und wirkt erleichtert dabei. Die Packliste habe ihn ordentlich beschäftigt.
So viel wie nötig, so wenig wie möglich – ganz einfach sei es nicht gewesen, diese Devise einzuhalten. Doch wer praktisch täglich acht, neun oder gar zehn Stunden auf dem Bike sitzt, womöglich bei starkem Gegenwind, spüre jedes überflüssige Pfund schmerzlich.
Nicolas wird mit rund 100 Kilogramm Richtung Nordkap unterwegs sein – zu 75 Kilogramm Körpergewicht kommen 9.1 Kilo fürs Fahrrad, 14.5 Kilogramm fürs Gepäck, 2.4 Kilo für Wasser und Verpflegung plus ein Kilogramm für den Rucksack.
Das steckt in den Taschen:
Lenkerrolle
Schlafsack, Isomatte, Biwak-Sack, zwei Garnituren Unterwäsche, ein Paar Socken, 3 T-Shirts, Feuchttücher, Taschentücher
Oberrohrtasche
Schaltung Ersatz-Akku, USB-Kabel, Powerbank, Kamm mit Spiegel, Rettungsdecke, Besteck, Zahnbürstenset, Victorinox-Set, Sonnenbalsam Lippen, Portemonnaie, Multistecker
Lenker Dreiecktasche
Scheinwerfer Akku, Sehhilfe(Regenbrille), USB Ladekabel, Regenhose, lange Handschuhe, Schloss, Apotheke
Unterrohrtasche
Reparatur-Set, Imbus-Set mit Kettenneter, Leatherman–Multitool (Zange und Klingen), Universalschlüssel (Engländer), 2 Ersatzschläuche, 1 Pumpe, Klebeband, Kettenöl, Schuhüberzieher, Ersatzlampe
Reparaturset
3 Gaskartuschen mit Manometer, Plugs für Reifenreparatur, Batterien, Schaltauge, Ventilübergang (für Tankstelle), Ventilverlängerung, 2 Kettenschlösser, 2 Reifenheber, 2 Schlauchreparatur-Kits, 2 Bremsbeläge
Satteltasche
Velosocken, Duschtuch, Ersatztrikot und –hosen (kurz), Strassenschuhe, Beinlinge, Daunenjacke, Regenjacke, Wanderhosen, 2 Sitzcremen, 1 Repaircreme, 1 Sonnencreme, 1 Moskitomittel, Shampoo, Rasierer, Rasiergel, Ladegerät, Kabel mit dünnem Laden, Necessaire (inklusive Schmerzmittel Voltaren)
25. Juli 2025 – Spaghetti im Bauch und bereit für den Start
Das Couvert mit der Nummer 503 ist gefasst! Am Rider’s Meeting in Rovereto in Norditalien treffen die 200 Teilnehmer:innen erstmals aufeinander. Ab morgen sind sie auf sich allein gestellt – denn NorthCape4000 ist ein Radevent ohne Begleitung oder Support.
Dass es nun losgehen soll, fühlt sich für Nicolas ein wenig unwirklich an. 13 Monate lang hat er auf diesen Moment hingefiebert, unzählige Kilometer im Sattel erlebt, ist durch Regen, Hitze, Wind gefahren, begleitet von unzähligen Gedanken und Gefühlen.
Leicht sei es nicht immer gewesen, sagt er offen. „Manchmal war es einsam, dann wieder überwältigend. Aber immer echt.«Und: Ich bin dankbar für all die wunderbaren Menschen, die mich auf diesem Weg begleitet haben – mit Worten, Taten, offenen Ohren und Herzen.» Morgen beginnt das Abenteuer. Nicolas fühlt sich bereit. «So sehr wie nie!», fügt er an und ist sich sicher: «Es wird spektakulär!»
Vor der letzten Nacht hat er die Startnummer befestigt, den Bauch ordentlich mit Spaghetti gefüllt und klingt euphorisch: «Nordkap, mach dich bereit – ich komme!»
… und los! 26. Juli 2025
Um acht Uhr versammeln sich alle Teilnehmer nochmal. Das Ziel haben sie gemeinsam, die Route ebenso, nicht aber die Tagesziele und Aufteilung der Route: Denn dafür sind alle selber verantwortlich.
Es geht los mit Gegenwind, in der Gegend von Bozen gibt’s die erste Pause. Tagesziel von Nicolas und seinem NorthCape4000-Compagnon Marco ist Innsbruck, dazwischen liegt der Brenner mit einigen saftigen Höhenmetern. «Wir werden die Geschwindigkeit drosseln müssen», sagt Nicolas – abends ist die erste Etappe plangemäss geschafft, und jetzt hat der Ostschweizer nur noch einen Wunsch: «Duschen, essen und schlafen!»
«Heute ist der Wurm drin!», meldet Nicolas am Morgen mit einer Stunde Verspätung aus Innsbruck. Erst Ärger mit dem Hotel, und dann, beim Betreten des Veloraumes, traut er seinen Augen kaum. Was er sieht, ist «en suubere Platte!» Plug sei Dank ist die Reparatur rasch geschafft. Über 200 Kilometer stehen heute bis zum Tagesziel München an – ob die Luft halten wird?
Soviel vorweg: ja, tut sie. Dafür hat Petrus schlechte Laune – ohne Regenhose ist nichts mehr zu machen. Zum Ausgleich führt der Weg durch ein Bilderbuchpanorama aus Seen und Bergen, und plötzlich leuchtet der Regenbogen über den Velofahrern, und abends in München ist der Himmel schon wieder blau.
28. Juli
NorthCape4000 ist kein Rennen, das betonen die Verantwortlichen. Frühestens am 7. August ist die Zieleinfahrt am Nordkap eröffnet – danach bleibt noch eine Woche Zeit für «Finisher» und eine weitere für «Extra-Finisher».
Auch für Nicolas zählt beim «The most Participated Ultra Cycling Bike Adventure in the World» (gemäss Veranstalter) das Erlebnis, nicht der Wettbewerbsgedanke. «Gesundheit, genügend Schlaf und Konzentration sind das Wichtigste für mich», sagt er. Lieber einmal das selbst gesteckte Tagessoll nicht erreichen, als durch Unachtsamkeit verunfallen. Und lieber auf das Biwakieren draussen verzichten und das Hotelbett vorziehen, wenn man sich nicht mehr fit fühlt. «Ich muss niemanden etwas beweisen», hält er fest.
Durchschnittlich fährt er pro Tag ungefähr 240 Kilometer, mit einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern pro Stunde – sind Höhenmeter zu bewältigen, weniger, ist die Strecke flach, mehr. Nach ungefähr 50 Kilometern folgt eine Pause. Vom Start bis zum Ziel können es acht, neun oder auch mal zehn Stunden sein – wie verbringt er sie? Seine Antwort offenbart Überraschendes.
Letzte Julitage
Wenn das Tagesziel Berlin heisst, sitzen die Helme schon morgens um fünf. 280 Kilometer und 1100 Höhenmeter gilt es zu bewältigen – als Starthilfe winkt ein glutroter Sonnenaufgang. Die Laune ist bei Nicolas und Marco prächtig, denn: am Tag zuvor sind sie erstmals nicht verregnet worden. Die Route der letzten Tage führte von Bayern via Amberg durch ein kurzes Stück Tschechien und wieder zurück nach Deutschland.
«Was das Wetter angeht, kann man die Strecke durch Deutschland vergessen», sagt Nicolas und lacht trotzdem. Denn der Support am Strassenrand sei riesig: «Leute jubeln uns zu, fahren ein Stück mit und stellen Wasserkanister, Bananen und Riegel für uns bereit. Das ist unglaublich!»
In Tschechien fuhren sie durch liebliche Dörfer, der Strassenbelag entpuppte sich da und dort als Herausforderung. Trotzdem sei es alles in allem eine schöne Tour gewesen, bilanzieren die beiden, die im «richtigen» Leben Arbeitskollegen sind. Ihre Ankunft in Berlin, sogar sonnengarniert, ist ein Meilenstein: Die ersten 1000 Kilometer sind geschafft!
Jetzt kommt erstmals leichter Zeitdruck auf: Denn einen Tag später, am 31. Juli um 23 Uhr, legt die Fähre in Swinemünde (Polen) Richtung Ystad in Südschweden ab – mit Nicolas und Marco an Bord, so ist der Plan.
Plötzlich wird es noch hektischer als gedacht. Und ungemütlicher dazu. Denn sechs Kilometer vor dem Hafen in Swinemünde muss Nicolas die vorderen Bremsbeläge ersetzen. «Regen und Schmutz wirkten wie Schmirgelpapier», sagt er. Als sie die Fähre erreichen, ist sie schon mehr als voll. Entspannen während der Überfahrt, wie sie es sich ausgemalt hatten, ist nicht: geschlafen wird im Schlafsack auf dem Teppichboden, mehr schlecht als recht.
Immerhin gab es vorher ein gediegenes Abendessen im Fährrestaurant. Mit Blumenstrauss auf dem Tisch ging es beinahe als «Fährromantik» durch. Schliesslich gibt es schon wieder Grund zum Feiern: Fünf Länder (Italien, Österreich, Deutschland, Tschechien, Polen) haben sie hinter sich gelassen. Und wenn sie am nächsten Morgen aufwachen, folgt mit Schweden bereits Land Nummer sechs.
Heja Sverige
Für einmal heisst es: von Bord statt vom Rad gehen. Välkommen in Sverige! Und Schweden gibt alles mit einem stahlblauen Himmel, seiner bezaubernden Landschaft und dem sublimen Licht. Doch die schlechte Nacht auf der Fähre steckt Nicolas in den Knochen. «Es war schon speziell, zusammen mit 50 anderen miefenden Velofahrern in einem Raum zu schlafen», lacht er. «Immerhin sind wir für einmal nicht mit unserem Schweissgeruch aufgefallen», scherzt Marco.
Nun trennen sich die Wege der beiden für die nächsten zwei Tage: Nicolas wird «zuehebe» mit zwei längeren Tagesetappen. Sein Ziel: Örebro, wo er seine Frau Sabrina treffen und sich einen ganzen Tag Pause gönnen wird. Marcos Tagesetappen sind kürzer, er wird später in Örebro eintreffen, am Sonntag.
Und so wird der Sonntag für Nicolas tatsächlich zum Ruhetag: Mit sünnele, süssen Sünden aus der Konditorei und einem Besuch in der Kirche, die fast so heisst wie er: Sankt Nikolai. «Diese Pause hat gutgetan», sagt er im Nachhinein. «Ich konnte Schlaf nachholen und mich regenerieren.» Dadurch sei er zwar mit seiner Planung in Verzug geraten. «Macht nichts. Ob ich einen Tag früher oder später am Nordkap ankomme, ist nicht entscheidend. Hauptsache, dass!»
4. bis 9. August: Drei Männer, acht Minuten
Es hätte ein entspannter Start werden können. Hätte, hätte, Fahrradkette. Aber an der Kette lag es nicht, sondern: an den Bremsen. Damit ist das Ziel nicht zu erreichen, so viel ist Nicolas klar. Was tun? Das liegt rasch auf der Hand: zurück nach Örebro mit seinen 130 000 Einwohnern, auf gleicher Höhe wie Stockholm gelegen, aber an der Westküste. Und die letzte grössere Stadt auf der Zielgeraden Richtung Nordkap. Denn ab sofort wird die Einwohnerdichte geringer – bis zu nur noch zwei pro Quadratkilometer.
Der Werkstattbesuch wird zur Überraschung. «Drei Velomechaniker standen bereit und ersetzten fachmännisch die Bremsen – dafür haben sie acht Minuten gebraucht!», freut sich Nicolas. Dafür nahm er die doppelt gefahrenen Kilometer gerne in Kauf.
Treue Begleiter durch Schweden sind die Rentierschilder und dann die Rentiere selbst. Je mehr die Schweizer Richtung Norden pedalen, desto weniger Verkehr erleben sie auf den Strassen. Da ein Camper, dort eine Rentiergruppe.
Und dann zeigt Schweden, dass es nicht immer nur lieblich ist: ein Regensturm mit Hagel kommt auf, so urplötzlich, dass es kaum zum Tenüwechsel reicht.
Am 9. August ein nächster Meilenstein: LAPPLAND steht gross auf der blauen Tafel am Strassenrand. Seit zwei Tagen ist der letzte Startpunkt der Tour in Rovaniemi offen. Wie genau es die Veranstalter des NorthCape4000 mit den Zeiten nehmen, zeigt dieses Beispiel: Ein Fahrer wurde disqualifiziert, weil er zu früh in Rovaniemi losfahren wollte.
Die Bilanz am 9. August, nach zwei Wochen: 3400 zurückgelegte Radkilometer. Nun fehlen «nur» noch 600 Kilometer bis zum grossen Ziel. Und Rovaniemi ist nur noch eine Tagesetappe entfernt.
10. August – Moi Suomi! Mit Vollgas nach Rovaniemi
Lappland ist erreicht – allerdings erst der Teil in Schweden. Das ändert sich am 10. August mit dem Grenzübertritt nach Finnland, ins zweitletzte Land vor Norwegen. Und nach der blauen Landestafel verdoppelt sich Freude, als am Strassenrand ein weiteres Schild auftaucht: nach Rovaniemi sind es nur noch 50 Kilometer – genau so lange dauert jeweils eine Etappe zwischen zwei Pausen.
Schliesslich stehen beide samt ihren Bikes in Rovaniemi am Polarkreis am 66. nördlichen Breitengrad. Was nach einer lockeren Übung klingt, war heftig genug: Der 10. August hatte es in sich mit rund 280 Kilometern, 1814 Höhenmetern und fast elf(!) Stunden im Sattel.
Dieser letzte Stempel ist mehr als verdient. Jetzt ist noch genau ein Feld leer: Jenes vom Nordkap.
11. und 12. August – Mit Velohelm und -brille beim finnischen Weihnachtsmann
Der Joulupukki ist der einzig wahre Weihnachtsmann, so sagen es die Finninnen und Finnen. Und womöglich der einzige Weihnachtsmann, der das ganze Jahr über in seiner Heimatstadt Rovaniemi im Amt ist – auch jetzt, im August.
Nicolas und Marco lassen sich die Gelegenheit nicht entgehen, sich Zeit zu nehmen für einen Besuch und gleich noch einen Blick ins Weihnachtshaus mit den hübsch verpackten Geschenken zu werfen. Nicht, dass sie eines davon hätten haben wollen: Mit der Ankunft in Rovaniemi haben sie sich selbst bereits ein grosses Geschenk gemacht. Ein paar Weihnachtswünsche hätten sie aber deponiert, verrät Nicolas.
Heute wird es mit «nur» 130 Kilometern, fünf Stunden und rund 700 Höhenmetern schon fast gemütlich, die Fahrt führt durch Wälder und vorbei an Rentieren – in Finnisch-Lappland leben geschätzt über 200 000 Tiere, weit mehr als Menschen. Und prompt erscheint eines zum 50-Kilometer-Stop und lässt sich nicht beirren von den Schweizern.
Trotz «easy ride» lässt der Feierabend auf sich warten, denn heute ist Waschtag. (Ob der Joulupukki damit etwas zu tun hat, entzieht sich unserer Kenntnis.) Ab in die Maschine mit den verschwitzten Veloklamotten. Und wenn es keinen Tumbler gibt, macht man halt einen: Wozu sonst gibt es einen Föhn im Hotelzimmer?
Tags darauf gibt es nochmals 1400 Höhenmeter zu bewältigen und vier Stunden Starkregen. Wenn es planmässig weiter geht, heisst es bereits in zwei Tagen hei, hei Nordkap!
13. und 14. August – Grande Finale
Auf zu den letzten Kilometern und den letzten beiden Etappen! Der Weg nach Norden ist steil, aber immerhin ist jetzt der norwegische Wettergott am Drücker und lässt Milde walten. Und schon taucht das Nordkapp (norwegische Schreibweise) respektive Káhppa (samisch) zum ersten Mal auf einem Schild auf. Noch 343 Kilometer Muskelkraft. Kurz darauf folgt die Grenzüberfahrt nach Norga – respektive Norge und Noreg.
Heja Zielland! Mit Blick aufs Fjell, auf Büsche und aufs Wasser treten Nicolas und Marco nochmals voll in die Pedale und erreichen ihren letzten Übernachtungsort bereits vor fünf Uhr abends. Gut so, denn vor der Finalfahrt heisst es noch einmal: früh in die Federn.
Dass die Zeit seit dem Start in Rovereto am 26. Juli so schnell um ist, kann Nicolas selber kaum begreifen: «Es ist unglaublich, dass morgen bereits die letzte Etappe ansteht», sagt er und bedankt sich bei seiner Familie und allen Freundinnen und Freunden für den Support und das Anfeuern. «Das hat mich sehr motiviert.»
Und schon ist das Finale da. Morgens um halb Sieben meldet sich das Power-Duo frisch und gut gelaunt mit einem Video: Nach 19 Tagen wollen sie heute Nachmittag das Ziel erreichen – und zwar sportlich mit rund 2000 Höhenmetern zum Dessert.
Zum Auftakt gibt es eine Morgenstimmung in allen Gelb- und Orangetönen am Himmel, später weisse Wolken, ein hellblaues Himmelszelt, kräftigen Wind und null Regentropfen. Trotz Wetterglück: Die letzte Etappe bedeutet Schwerarbeit.
Dass Norwegen «so bergig» ist, hat beide überrascht. Trotzdem kommen sie gut voran, meistern den «Nordkapptunnelen» und nach über acht Stunden stehen sie tatsächlich auf der Nordkap-Plattform beim Globus . Ein Traum ist wahr geworden! Nicolas hat sich dieses Abenteuer zu seinem 40. Geburtstag geschenkt – ein Geschenk, das wohl ein Leben lang Freude bereitet.
Kontiki gratuliert zu dieser Spitzenleistung! Bravo! Und wünscht gute Erholung: Auf Nordlichtjäger Nicolas wartet eine Woche in Äkäslompolo, seinem Lieblingsort in Finnisch-Lappland. Und hoffentlich eine Belohnung in Form der schönsten Nordlichter überhaupt.
Gratulerer!